Dass man den vom Verlag ausgesuchten
Klappentexten und Lobeshymnen auf der Rückseite eines Buches nicht trauen
sollte, weiß jeder halbwegs erfahrene Leser. Auch der Titel muss nicht immer
direkten Bezug zur Handlung nehmen. Oft erschließt sich dieser dem Leser erst
während der Lektüre.
In Frédéric Valins Erzählband »In kleinen Städten« indes führt
der Name vollkommen in die Irre – von den sechs Geschichten spielt kaum eine in
einer Kleinstadt –, was noch nicht einmal das größte Manko dieses kleinen
Büchleins ist. So widersprüchlich wie der Titel, so ambivalent ist auch die
Qualität der Geschichten. Während gleich zu Beginn mit bewegenden Worten von
der Pflege der am Downsyndrom leidenden Sylvia berichtet wird, langweilt die
längste der Episoden den Leser genauso wie das Leben die Bewohner der
schwäbischen Provinz, in der sie handelt. Und zu allem Überfluss verfällt der
Autor dabei hin und wieder in schwäbische Mundart. Das ist nicht witzig, nicht
tiefgründig und auch nicht stilvoll. Da sind die Einsichten des
(selbstverständlich nicht alkoholabhängigen) Trinkers im Monolog-Stil schon
wieder ganz anderer Natur. Und dann erst die scharfzüngigen Gedanken des Protagonisten
der besten der hier versammelten Storys: Lena langweilt sich mit ihrem Exfreund
in einem portugiesischen Ferienhotel, wo jeder seiner eigenen Wege geht, was
nichts anderes als fremdvögeln bedeutet. Fast tragikomisch dann das Geständnis
des Ich-Erzählers hinsichtlich Lena: »Bisweilen
habe ich schon nach dem dritten Bier Lust, sie zu küssen«. Und wenn er dann leicht
verzweifelt beim Beobachten turtelnder Rentner feststellt »Hört das also nie auf?« ahnt man, welches
Potenzial in Valin schlummert. Man könnte meinen, dass hier verschiedene, doch
leider sehr unterschiedlich begabte Autoren ihre Geschichten in einen Topf
geworfen und ein Buch daraus zusammengerührt haben. Das ist wirklich schade, doch
sehen wir es positiv: Da kommt bestimmt noch was.